Auf ein Wort mit Phoenix-Reisen-Gründer Johannes Zurnieden

Für den Täglichen Hafenbericht (THB) habe ich mich mit Phoenix-Reisen-Gründer Johannes Zurnieden über die Lage bei dem Bonner Veranstalter, Neustart-Pläne, Investitionen und das Phänomen „Phoenix“ unterhalten.

Die Kreuzfahrt ächzt noch immer unter der Corona-Pandemie. Die Aktienkurse der Reedereien reagieren auf jede Meldung von wieder aufgenommenen Kreuzfahrten – auch ohne Hafenstopps und Landgänge. Die einstige Top-Branche innerhalb des Tourismus hat aber durch die Pandemie einen schweren Schlag vor den Bug bekommen. Seit fast 50 Jahren im Kreuzfahrtgeschäft, nicht als Reeder, sondern als Veranstalter, ist Phoenix Reisen aus Bonn. Gegründet wurde das Unternehmen von Johannes Zurnieden. 

Begonnen hat Zurnieden 1973 mit Flugreisen nach Prag, Budapest und Istanbul. 1988 wagte der Rheinländer den Schritt in die Kreuzfahrt und charterte die MAXIM GORKIY ein einst staatliches sowjetisches Kreuzfahrtschiff. Heute fahren unter der Flagge von Phoenix Reisen mit der markanten türkisfarbenen Bauchbinde vier Kreuzfahrtschiffe: AMERA, AMADEA, ARTANIA und DEUTSCHLAND. Sie werden von Bernhard Schulte Shipmanagement bereedert. Hinzukommen weitere 42 Flusskreuzfahrtschiffe, darunter viele Neubauten, die nach den Wünschen des Bonner Unternehmens gebaut und zum Großteil von der Schweizer Reederei Scylla betrieben werden.

Erst so langsam kommt die Flotte wieder in Fahrt. Mitte Juni sollen die ersten Flusskreuzfahrten wieder auf Rhein und Donau starten, ARTANIA und AMERA sollen im Juli wieder in See stechen. Bei der ARTANIA hält man an einer Route in Richtung Norwegen fest. Sofern die Behörden die Häfen dort wieder öffnen, soll die ARTANIA die Reise regulär fahren, Alternativen hat Phoenix nach eigenen Angaben aber in der Schublade. Möglich scheint auch eine Reise ohne Hafenstopps, wie sie derzeit schon von verschiedenen Mitbewerbern angeboten werden.

Johannes Zurnieden hat Phoenix Reisen gegründet. Foto: Phoenix Reisen
Johannes Zurnieden hat Phoenix Reisen gegründet. Foto: Phoenix Reisen

Als Corona die Kreuzfahrt erwischte: Mit acht Gästen zurück nach Bremerhaven

„Ich versuche das zu machen, von dem ich glaube, dass es im Moment das Richtige ist und ich schaue, dass ich genau auslote, was geht und was nicht“, sagt Johannes Zurnieden im Gespräch mit unserer Redaktion. Sein Schiff, die ARTANIA, war im März 2020 vor Australien das letzte Kreuzfahrtschiff, das noch unterwegs war, ehe Corona die Branche komplett lahmlegte. Gäste und Crew nach Hause zu bringen, war eine riesige Herausforderung. Zwei Coronafälle traten an Bord auf. Letztlich fuhr das Schiff mit acht Gästen und der Besatzung nach Bremerhaven und kam dort nach drei Monaten an. Es muss eine harte Belastung für alle gewesen sein, die an der Operation „Rückholung“ beteiligt gewesen sind. Eindrücke von der Lage an Bord verschaffte die mit Branchenpreisen zwischenzeitlich ausgezeichnete TV-Dokumentation „Kreuzfahrt und Corona“, die eher zufällig von einem TV-Team an Bord der AMERA produziert wurde. Die Kamera fuhr mit, als die Reise des Schiffes in Brasilien abgebrochen werden musste, Gäste ein Stück in Richtung Deutschland zurückgebracht wurden und das Schiff letztlich Anfang April 2020 in Bremerhaven anlegte.

Jetzt liegt die AMERA, genau wie AMADEA und ARTANIA an Piers bei den Emder Werft und Dockbetrieben (EWD) und bei Lloyd Werft in Bremerhaven. Phoenix investiert in die Hochseeflotte, obwohl die Auflieger jeweils rund 750.000 Euro pro Monat kosten. Bis Ende September dieses Jahres investiert das Unternehmen trotzdem 20 Millionen Euro in die Hochseeflotte. „Weil wir wissen, dass es wieder losgehen wird, darum machen wir lieber jetzt die Dinge, die wir später gut brauchen können“, sagt Zurnieden.

An der Pier bei EWD in Emden. Die AMERA. Foto: Christoph Assies

Das Ende der „weißen Lady“

Mit der ALBATROS ist eines der beliebtesten Schiffe der Flotte Corona zum Opfer gefallen. Um Kosten zu senken, wurde das 1973 als ROYAL VIKING SEA in Dienst gestellte Schiff, im Oktober 2020 an den ägyptischen Phoenix-Geschäftspartner Kamel Abou-Aly für 1,5 Millionen Euro verkauft. Abou-Aly will das Schiff innerhalb der ägyptischen Pick-Albatros-Gruppe als Hotelschiff im Roten Meer einsetzen. Ob es so kommt – ungewiss.

Bei Johannes Zurnieden ist viel Wehmut im Spiel, wenn er von der „weißen Lady“, wie sie von Stammgästen und auch in der TV-Doku-Soap „Verrückt nach Meer“ genannt wird, spricht. „Ich war 2019 zuletzt an Bord und war wieder fasziniert, wie gut die ALBATROS in Schuss ist und wie schön sie auch im Inneren noch ist. Wir hätten gerne mit dem Schiff den 50. Geburtstag gefeiert, aber wir mussten an das Unternehmen denken“, so Zurnieden. Konkret hätte bei der ALBATROS für rund 10 Millionen Euro die Klasse erneuert werden müssen „und wir hätten immer noch nicht gewusst, wann wir sie wieder hätten einsetzen können.“

Der Phoenix-Gründer hält gemeinsam mit seinem designierten Nachfolger und Mit-Geschäftsführer, Benjamin Krumpen, die Truppe in der Zentrale zusammen. „Wir sind so etwas wie eine Familie und gehen auch so miteinander um.“  Um die Krise zu bewältigen, gingen viele der insgesamt rund 100 Mitarbeiter in der Bonner Zentrale in Kurzarbeit. „Wir haben niemanden entlassen und das werden wir auch nicht tun. Es ist in der Vergangenheit schon so gewesen, dass niemand geht, wenn er einmal bei uns anfängt“, sagt Zurnieden.

Zur Überbrückung hat Phoenix einen KfW-Kredit über 100 Millionen Euro nehmen müssen, der mit zwei Prozent verzinst wird. Zurnieden zufolge habe man davon bisher 50 Millionen in Anspruch genommen. Hinzukomme ein Kredit über zehn Millionen von einer deutschen Großbank, der gar mit null Prozent verzinst werde. Darüber hinaus habe das Unternehmen vor der Corona-Krise eine gesunde Eigenkapitalquote von 60 Prozent gehabt. Für die Saison 2022 deutet sich bereits jetzt ruhigeres Fahrwasser an. Die Phoenix-Kreuzfahrer, im Schnitt bis zu 70 Prozent Repeater, wollen wieder mit „ihren Schiffen“ in See stechen und buchen. „Wir haben immer noch wachsende Buchungszahlen und sind auch jetzt wieder Netto im Plus, also die Stornos, die für abgesagte Reisen kommen, sind weniger, als die Zahl der neuen Buchungen“, so Zurnieden.

Ein Klassiker verschwindet bei Phoenix: Die Albatros. Foto: Christoph Assies
Wurden wegen Corona frühzeitig bei Phoenix ausgemustert: Die ALBATROS. Foto: Christoph Assies

Crew bekommt Perspektive für nächsten Einsatz an Bord

Mit dem Slogan „Willkommen an Bord – willkommen zuhause“ beginnt für viele Passagiere der Phoenix-Schiffe ihr Urlaub schon mit der persönlichen Begrüßung des Kreuzfahrtdirektors an der Gangway. Bei Phoenix gibt es keine Wasserrutschen oder Kletterparcours an Bord, dafür viel familiäre Atmosphäre. Johannes Zurnieden stellt klar: „Bei uns ist der Kunde nicht König, er ist unser wichtigster Partner. Wir wissen, dass unsere Gäste unsere Gehälter bezahlen. Wir verkaufen Reisen, nicht unsere Seelen. Der Kunde kann von uns erwarten, dass er uns jederzeit ansprechen kann und wir ehrlich zu ihm sind. Wir gehen mit jedem Kunden so um, wie wir mit einem guten Partner umgehen.“ Schmunzelnd fügt er hinzu: „Es gibt Gäste die sagen, wir seien kein Kreuzfahrtunternehmen, sondern eine Sekte. Das mag sehr übertrieben sein, aber wir gehen offen und ehrlich mit den Menschen um.“

Das gilt auch für den Umgang mit der Besatzung. Der Hotelbereich wird von Sea Chefs betrieben, die unter anderem auch bei TUI Cruises im Einsatz sind. Als zu Beginn der Corona-Pandemie keine Flugverbindung für die philippinische Besatzung von Australien nach Manila zustande kam, habe man die Crew kurzerhand mit dem Schiff nach Hause gefahren. „Natürlich haben wir eine Fluktuation, auch innerhalb der Flotte. Das ist aber auch so beabsichtigt, dass die Crew von Schiff zu Schiff wechselt, aber grundsätzlich ist es so, dass jemand, wenn er als Crewmitglied von Bord geht, auch gleich weiß, wann er wiederkommt“, erklärt Zurnieden.

Johannes Zurnieden: „Irgendwann werden wir mit Meyer neu bauen“

Der Phoenix-Gründer blickt positiv in die Zukunft, er scheint zu wissen, dass seine Mitarbeiter sich auf alle Herausforderungen einstellen. Kein Mythos, sondern Realität ist es, dass Arbeitnehmer in der Bonner Zentrale keinen schriftlichen Arbeitsvertrag bekommen, in dem die genaue Tätigkeit festgelegt ist. „Jeder macht das, was in der jeweiligen Situation gerade für das Unternehmen nötig ist. Damit fahren wir gut“, sagt der Chef, der bei der Entwicklung seiner Flotte vorsichtig in die Zukunft blickt.

„Die Kreuzfahrt wird zurückkommen, wir haben auch schon einmal sehr intensiv mit der Meyer Werft in Papenburg über einen Hochsee-Neubau gesprochen. Jetzt bin ich froh, dass wir das Projekt noch etwas zurückgestellt haben.“ Irgendwann werde er mit Meyer bauen „und dann am liebsten ein Methanol-Schiff“, sagt Zurnieden. Er habe seine Schiffe relativ lang, was er unter ökologischen Gesichtspunkten auch sehr vernünftig finde. „Aber wir wissen heute nicht, womit wir in zehn oder 20 Jahren noch fahren dürfen.“ LNG hält Zurnieden, wie viele Reeder, für eine Übergangslösung. „Wasserstoff wird nicht gehen, Methanol hingegen ist gut transportabel. Die Entwicklung ist noch nicht soweit, aber im Moment ist auch nicht die Frage, ob wir ein Schiff bauen, sondern wie wir mit unseren Schiffen jetzt gut weiterkommen.“

Der 70-Jährige will bei der überschaubaren Schiffsgröße bleiben. „Einen Gigaliner wird es bei Phoenix nicht geben. Ich kann mir im Moment für unsere Flotte nichts Größeres, als ein Schiff für maximal 1200 Passagiere vorstellen.“ Ein Schiff dieser Größe habe er mit Meyer-Werft-Seniorchef Bernard Meyer in der Vergangenheit auch schon sehr intensiv besprochen.

Johannes Zurnieden hat mit Phoenix Reisen noch einige Pläne in der Schublade: Zur Entwicklung der Flotten, aber vorher „Stück für Stück, so wie es gerade geht“, für einen Neustart der Kreuzfahrt mit der türkisfarbenen Bauchbinde. Die Gäste sind bereit. „Es gibt gerade sehr viele Nachrichten von Gästen, die uns schreiben, wir sollten einfach losfahren, sie würden sofort kommen“, sagt Zurnieden.           

Klassische Kreuzfahrt-Momente auf Teakdecks, statt in Aqua-Parks mit Wasserrutschen, gibt es auf den Schiffen von Phoenix Reisen. Der Bonner Veranstalter hat viele Stammgäste, die nach Angaben von Johannes Zurnieden schnell wieder an Bord wollen. Foto: Christoph Assies
Christoph
mail@christoph-assies.de
3 Comments
  • Friederike Schimke
    Posted at 17:05h, 02 Juni Antworten

    Hat sich die Amerareise am 10.9.2021 verändert? Ursprünglich war nicht von den Azoren die Rede.

  • Franz Bechtel
    Posted at 18:39h, 02 Juni Antworten

    Hallo Herr Assies,

    Irgendwie widerspricht sich Ihr Artikel. Ende Oktober soll die Artania als erstes Hochseeschiff wieder fahren, aber schon am 10.09. soll die Amera auf eine Azoren-Kreuzfahrt gehen, die eigentlich am 25.09. starten soll.
    Es wäre schön, wenn Sie dies nochmals klarstellen könnten.

    Vielen Dank und ebensoviele Grüße
    Franz B.

  • Christoph
    Posted at 07:42h, 03 Juni Antworten

    Hallo zusammen,
    bei der Reihenfolge der Hochsee-Neustarts hatte sich in der Tat im Text die Reihenfolge verschoben. Entschuldigung. Diese Daten waren zum Zeitpunkt des Gespräches, vor rund zwei Wochen, der aktuelle Stand.

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