01 Jun Warum ist auf der Meyer Werft keine Einigung in Sicht?
Im Streit zwischen Arbeitnehmervertretung und Geschäftsleitung der Meyer Werft scheint weiter eine Einigung über das Zukunftsprogramm zur Sicherheit des Stammsitzes nicht in Sicht. Ich habe die Lage für die NOZ Medien zusammengefasst.
Am finnischen Standort der Papenburger Schiffbauer, bei Meyer Turku, haben sich Mitarbeitervertretung und Geschäftsleitung bereits im Sommer 2020 geeinigt. Nach Gesprächen mit der Geschäftsleitung um Tim und Bernard Meyer wurde ein Zukunftskonzept erarbeitet, wie der Standort nach dem Einbruch der Kreuzfahrtbranche durch die Corona-Pandemie gesichert werden kann. Konkret wird in Turku, wie auch in Papenburg, das Auftragsbuch in Absprache mit den Kunden gestreckt.
Nach den Verhandlungen über dauerhafte Entlassungen werden 84 Stellen in der Endausrüstung und in der Designabteilung der finnischen Werft abgebaut. Insgesamt werden mit den im August 2020 veröffentlichten Entlassungszahlen 250 Stellen bei Meyer Turku abgebaut. Ein Teil des Personalabbaus erfolge durch Pensionierung und andere Personalvereinbarungen. Die ursprüngliche Schätzung zu Beginn der Verhandlungen im April 2020, wonach 450 Personen entlassen werden müssen, bestätigt sich damit nicht.
In der vergangenen Woche kam aus Rostock-Warnemünde, von der Neptun Werft, die Meldung, wonach man sich mit der IG Metall und dem Betriebsrat auf den Abbau von 180 der derzeit 600 Stellen verständigt hat.
Die betroffenen Mitarbeiter sollen freiwillig das Schiffbauunternehmen verlassen. Außerdem soll es eine Transfergesellschaft geben. Ziel sei es, die Zahl betriebsbedingter Kündigungen zu minimieren beziehungsweise alle Stellen einvernehmlich über das Freiwilligenprogramm abzubauen.
Am Stammsitz der mehr als 225 Jahre alten Meyer Werft in Papenburg scheint eine Einigung für das Erreichen des 1,3-Milliarden-Euro-Sparprogramms innerhalb der kommenden fünf Jahre weit entfernt. Seit Monaten ringen Geschäftsleitung, Betriebsrat und Gewerkschaft um einen Weg aus der Krise.
Auf meine Nachfrage erklärte Meyer-Werft-Betriebsratsvorsitzender Nico Bloem, man könne das abgeschlossene Ergebnis in Rostock und Turku „auf gar keinen Fall für Papenburg übertragen“. Man habe hier vor Ort eine völlig andere Beschäftigungssituation, wie auch eine andere Größenordnung. „In diesem Zusammenhang sei noch einmal erlaubt hervorzuheben, dass nach wie vor eine enorm hohe Anzahl von Werkvertragsbeschäftigten in Papenburg beschäftigt sind“, so Bloem. Die wenigsten Kollegen auf der Meyer Werft seien in Kurzarbeit. „Die meisten arbeiten wieder normale 35 Stunden, und es geht sogar noch weiter“, betont Bloem. In einigen Bereichen werde diskutiert, dass der Betriebsurlaub nicht stattfinden könne, da gearbeitet werden müsse. „An mangelnder Arbeit liegt es bestimmt nicht“, meint der Betriebsratsvorsitzende.
Man sei bereit zu verhandeln und auch Lösungen zu finden, allerdings habe man klare Forderungen. Bloem erneuerte seine Bedingungen für die Gespräche mit der Geschäftsleitung, für die der Betriebsrat bereitstehe: Erhalt der Stammarbeitsplätze und Ausbildungsplätze der Meyer Werft und der Tochterfirma Ems Dienstleistung, Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen, mehr Eigenleistung sowie eine „klare Reglung zur zukünftigen Fremd- und Eigenfertigung und keine weiteren Ausgliederungen“.
IG Metall verurteilt: „Sozial unverantwortlich und nicht zu akzeptieren“
Die IG Metall Leer-Papenburg, verurteilte in einer Pressemitteilung, die jüngsten Forderungen der örtlichen CDU-Politiker, wonach die von der Meyer-Werft-Geschäftsleitung in Rostock durchgesetzte Regelung auch in Papenburg angewendet werden solle. Christdemokraten aus der Region hätten offenbar kein Problem damit, wenn die Meyer Werft in Papenburg Stammarbeitsplätze abbaue und gleichzeitig diese Arbeit durch Werkvertragsbeschäftigte ersetzen wolle. „Eine solche Haltung ist sozial unverantwortlich und nicht zu akzeptieren“, so der IG-Metall-Bevollmächtigte Thomas Gelder in der Mitteilung.
Die Meyer Werft ist aktuell neben Chantiers de´l Atlantique in Frankreich und der Fincantieri-Gruppe in Italien eine von drei europäischen Werften beziehungsweise Werftverbunden für den Bau von Kreuzfahrtschiffen. In den vergangenen Jahren kamen aus Papenburg Innovationen für die Branche, wie das erste vollständig mit Flüssigerdgas (LNG) betriebene Kreuzfahrtschiff (AIDAnova).
Jetzt befindet sich die Kreuzfahrt durch die Corona-Pandemie noch immer in einer schweren Krise. Erst langsam nehmen die Reedereien wieder Schiff für Schiff in Betrieb. Führende Reederei-Vertreter, darunter Michael Thamm, Chef der Costa-Group und Kunde der Meyer Werft, hatten zuletzt angekündigt, in den kommenden Jahren keine neuen Schiffe zu bestellen.
Zwar ist es der Meyer Werft gelungen, den weltweit einzigen Auftrag für ein neues Kreuzfahrtschiff Ende März an Land zu ziehen, dennoch ist das vergleichsweise kleine Schiff für den japanischen Großkonzern NYK im Jahr 2025 nach den Worten von Werftchef Jan Meyer „keine Kehrtwende in unserer schwierigen Lage“. Die Meyer Werft sei auf die Serienfertigung sehr großer Kreuzfahrtschiffe ausgelegt, sagte Meyer in einem Pressegespräch, an dem ich für die NOZ und den THB teilgenommen habe.
Ein Kommentar von mir aus dem Januar 2021, den ich nach den erneut unterbrochenen Gesprächen zwischen Arbeitnehmervertretern und Meyer-Geschäftsleitung geschrieben habe, ist immer noch aktuell, finde ich!
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