Die ORIANA am Ausrüstungskai der Meyer Werft. Foto: Archiv Meyer Werft

Nostalgie – Britische Kreuzfahrtschiffe aus Papenburg

Mit der ARVIA erprobt die Papenburger Meyer Werft aktuell das insgesamt vierte Kreuzfahrtschiff für die britische Reederei P&O Cruises. Ein Blick zurück auf den Beginn der Zusammenarbeit der emsländischen Schiffbauer mit der traditionsreichen britischen Reederei. 

1995 und 2000 stellte die Meyer Werft die ORIANA und die AURORA für P&O Cruises fertig. Sowohl die Größe der Schiffe als auch die Technik stellten in den 1990er Jahren eine ganz neue Dimension dar. So war die ORIANA 1995 bis dato das größte in Deutschland gebaute Kreuzfahrtschiff. Die AURORA sollte eigentlich ein identisches Schwesterschiff werden, doch die Veränderungen des Kreuzfahrtmarktes machten unter anderem mehr Balkonkabinen nötig, sodass die AURORA ein völlig neues Schiff wurde. 

Die ORIANA kurz nach Verlassen der Baudockhalle. Foto: Archiv Meyer Werft
Die ORIANA kurz nach Verlassen der Baudockhalle. Foto: Archiv Meyer Werft

Die Zusammenarbeit mit der „Penisular and Oriental Steam Company“, dafür steht die Abkürzung P&O, begann in den frühen 1990er Jahren. Seinerzeit war die Kreuzfahrt bereits in den USA eine etablierte und sehr erfolgreiche Reiseform, die auch immer mehr in Europa nachgefragt wurde. Der zweitgrößte Markt für Kreuzfahrten und zugleich der Sitz vieler Reeder war seinerzeit Großbritannien. P&O Cruises, Marke mit traditionsreicher Geschichte seit 1834 mit Fracht- und Passagierdiensten in der ganzen Welt, wollte deutlich stärker auf dem Kreuzfahrtmarkt mitmischen und dafür einen Neubau, speziell zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Briten. 

Keine britische Werft für P&O-Neubauauftrag

Übernommen von der Reederei Princess Cruises im Jahr 1974, setzte P&O damals mit der SEA PRINCESS (Baujahr 1965) und der CANBERRA (1961) betagte Schiffe ein. Auf die Ausschreibung für den Neubau im eigenen Land, fand sich in der einst so stolzen Schiffbauernation Großbritannien keine Werft. Die Papenburger kamen zum Zug und setzten sich gegen Mitbewerber aus anderen Ländern 1992 durch. Im Emsland sollte ein stolzes britisches Passagierschiff entstehen. Die Fachwelt war beeindruckt.

Probefahrt der ORIANA auf der Nordsee. Foto: Archiv Meyer Werft
Probefahrt der ORIANA auf der Nordsee. Foto: Archiv Meyer Werft

Die Dimensionen der ORIANA sorgten in der Heimat allerdings für Unruhe. Der Überführungstiefgang von 7,30 Meter machte eine Emsvertiefung dringend notwendig. Das Ringen darum sorgte bis in den Sommer 1994 immer wieder für Schlagzeilen. Ein wichtiges Argument für den Ausbau der Ems und damit freie Fahrt für Schiffe in der Größenordnung der ORIANA waren die damals 1800 Arbeitsplätze auf der Meyer Werft und weitere 8000 bei Zulieferern. 

Am 11. März 1993 wurde im Beisein von 150 Gästen der erste Block für die ORIANA auf die Pallungen in der heute kleineren der beiden Schiffbauhallen gelegt. In den darauffolgenden Jahren wurde aus 20.000 Tonnen Stahl das neue P&O-Flaggschiff. Im Februar 1995 zog die Emsüberführung des schneeweißen Schiffes 100.000 Schaulustige auf die Deiche. Ein gewaltiges Ereignis.

Getauft wurde der erste moderne P&O-Neubau ORIANA von Queen Elizabeth II. in Southampton. Foto: Archiv Meyer Werft
Getauft wurde der erste moderne P&O-Neubau ORIANA von Queen Elizabeth II. in Southampton. Foto: Archiv Meyer Werft

Schäden an den 3,5 Tonnen schweren Schrauben sorgten nach der ersten Testfahrt für einen aufwendigen Austausch der Propeller. Nach einer weiteren Probefahrt traten Vibrationen am Heck des Schiffes aus, erneut wurden Propeller demontiert und zum Hersteller in die Niederlande geschickt. Die Zeit wurde knapp bis zur Ablieferung, vorbehaltlich der Nachbesserung nahm P&O Cruises am 2. April 1995 das Schiff ab. Am 6. April 1995 erhielt die ORIANA von Queen Elizabeth II. in Southampton offiziell ihren Namen. Zuvor zeigte Bernard Meyer ihr und Prinz Phillip das Schiff. 

Wasserfallstatue im Atrium der AURORA

Auch wenn die Propellerprobleme der ORIANA für Unruhe gesorgt hatten, P&O Cruises setzte erneut auf die Papenburger Werft. Nach der römischen Göttin der Morgenröte ist die AURORA benannt. Ursprünglich sollte sie ein exaktes Schwesterschiff der ORIANA werden. Weitergehende technische Entwicklungen, aber auch veränderte Marktbedingungen führten dazu, dass die AURORA zehn Meter länger wurde und mehr als 60 Prozent der Außenkabinen einen eigenen Balkon bekamen. Im Inneren dominieren Marmor, Bronze und Naturstein. Imposant: Ein über vier Decks gehendes Atrium mit einer Wasserfallstatue. 

Am 15. April 2000 wurde die AURORA an P&O Cruises übergeben. Das Schiff ist, im Gegensatz zur ORIANA, noch immer für P&O in Fahrt. Die ORIANA schied 2019 aus der Flotte aus, wurde nach China verkauft und trägt jetzt den Namen PIANO LAND.

Die AURORA war der letzte Neubau aus der Ära der 1990er Jahre und markierte zugleich den Aufbruch in den boomenden Kreuzfahrtmarkt des neuen Jahrtausends. Bis zum Comeback von P&O Cruises sollte es nach der Übergabe der AURORA 16 Jahre andauern. 2016 orderte der Mutterkonzern Carnival Corporation für seine britische Traditionsmarke die LNG-Neubauten und aus Papenburg kommen nun wieder viel beachtete britische Kreuzfahrtschiffe. 

Die IONA war 2020 das erste Schiff einer neuen Generation für P&O Cruises aus Papenburg. Ende 2022 folgt die nahezu baugleiche ARVIA.

Hinweis: Der Beitrag ist im Rahmen der redaktionellen Arbeit für eine Verlagssonderveröffentlichung der NOZ Medien zur ARVIA entstanden.

Bis heute unter der Flagge von P&O Cruises in Fahrt: Die AURORA. Foto: Christoph Assies
Bis heute unter der Flagge von P&O Cruises in Fahrt: Die AURORA. Foto: Christoph Assies
Die IONA beim Passieren der Dockschleuse im März 2020. Foto: Christoph Assies
Die IONA beim Passieren der Dockschleuse im März 2020. Foto: Christoph Assies
Christoph
mail@christoph-assies.de
No Comments

Post A Comment