14 Sep Lage der Meyer Werft: Einige müssen endlich aufwachen!
Die Lage der Meyer Werft in der Corona-Krise ist Thema in den Medien. Am Freitag kamen Vertreter der Landesregierung, der Geschäftsleitung, des Betriebsrates und der Gewerkschaft zum zweiten Runden Tisch zusammen. Werftchef Bernard Meyer hat im Anschluss unmissverständlich deutlich gemacht, dass es um „das Überleben unserer gemeinsamen Meyer Werft“ geht. Einige haben die Tragweite der Situation des Traditionsunternehmens noch nicht verstanden. Meine Meinung:
Seit mehr als 25 Jahren werden im Emsland die modernsten Kreuzfahrtschiffe gebaut. Mit Innovationen, wie dem ersten vollständig mit Flüssigerdgas angetriebenen Kreuzfahrtschiff, hat die Meyer Werft sich immer wieder neu am Markt positioniert. Große Reedereien auf der ganzen Welt, darunter der Marktführer Carnival, setzen auf die Schiffe von Meyer. Jetzt hat Corona den Markt in historischer Weise komplett zum Erliegen gebracht. Eine erfolgsverwöhnte Branche liegt am Boden – unverschuldet mit in den Strudel gezogen wurde die Meyer Werft. Ein Familienunternehmen, das in ihrer 225-jährigen Geschichte schon so manche Krise überstanden hat. Jetzt bezeichnet Bernard Meyer die gegenwärtige Situation als „die schwerste Krise unseres Unternehmens seit dem Zweiten Weltkrieg“. Ein Familienoberhaupt sieht völlig unverschuldet sein Lebenswerk und das seiner Vorfahren in akuter Gefahr. Mehr als 3000 direkt Beschäftige bangen um ihren Job.
Auf der anderen Seite stehen Arbeitnehmervertreter und Gewerkschafter, die plakativ den Erhalt jedes Arbeitsplatzes der Stammbelegschaft fordern und meinen: „Ohne Werkvertragsarbeiter, das ist doch klar, ist für jeden Arbeit da.“ Das ist viel zu kurz gedacht und in dieser Situation Populismus.
In den vergangenen Jahren hat eine ganze Region sehr gut von der Meyer Werft und dem Kreuzfahrt-Boom gelebt, jetzt durchlebt eine ganze Region die dramatischen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Wer den Auftritt von Bernard Meyer am Rande des Runden Tisches genau beobachtet hat, die Unternehmensphilosophie und die historische Verbundenheit mit dem Standort Papenburg im Hinterkopf hat, wird ganz klar sehen, dass es dem Seniorchef sicher nicht leicht fällt, über Personalabbau zu entscheiden. Dieser Weg ist aber alternativlos und die bloße Forderung nach der Reduzierung der Werkvertragsarbeiter ist schlichtweg zu kurz gedacht. Ohne Werkvertragsarbeiter wäre die Meyer Werft nicht in der Marktposition und könnte sich nur schwer gegen die teils staatliche Konkurrenz behaupten.
Diese Fakten müssen Betriebsrat und Gewerkschaft gegenüber den Mitarbeitern beim Namen nennen und, so schwer es auch ist, ebenfalls unausweichlichen Personalabbau nicht einfach totschweigen. Stattdessen wird Stimmung gegen Mitarbeiter von Partnerunternehmen gemacht und der junge Betriebsratsvorsitzende Nico Bloem meint in Richtung „seiner“ Stammbelegschaft: „Ihr seid die Werft und ihr Erfolg. Es kann nicht sein, dass andere Firmen eure Tätigkeiten übernehmen.“ Speziell beim Bau eines so komplexen Werkes, wie einem Kreuzfahrtschiff, geht es nur als Team. Wie übrigens auch beim späteren Betrieb eines Kreuzfahrtschiffes.
Das Auftreten von Betriebsrat und Gewerkschaft in der schweren Krise der Meyer Werft ist enttäuschend. Die Realität ist bitter, aber sie muss beim Namen genannt werden. Konstruktiv und gemeinsam mit der Werft-Spitze müssen Wege aus dieser schweren Zeit gefunden werden.
Übrigens: Auch ich bin teilweise von den Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen. Für PR im örtlichen Tourismus verantwortlich und als Journalist auf Kreuzfahrten spezialisiert, ist eine ausführliche Erläuterung der eigenen Situation sicher nicht notwendig.
Kieler
Posted at 08:08h, 17 SeptemberIch denke mal, wenn man die Tariflöhne drastisch verkürzen würde, hätte die Geschäftsführung wohl nichts gegen die Forderungen der Gewerkschaft.
Ohnehin sind die Schiffe aus Papenburg schon vergleichsweise teuer. Es ist zu hoffen, dass Corona das (vorzeitige) Aus für den Bau von Kreuzfahrtschiffen in China bedeutet, damit hätte die Krise der Branche für die Europäer doch noch einen Vorteil gebracht.
Ich denke auch nicht, dass es hilfreich ist, in dieser Situation ausgerechnet dort Geld zu sparen, wo ohnehin die geringsten Kosten anfallen. Es ist ohnehin erstaunlich, dass sich Meyer neben großen Konkurrenten wie Fincantieri behaupten kann. Wer meint, die Entlassungen würden aus reiner Schikane erfolgen, liegt falsch. Außerdem: Wenn man auf das hört, was die Gewerkschaften behaupten, wäre die Werft doch schon vor Jahren dicht gemacht worden. In dieser Hinsicht traue ich weder Politik, noch Gewerkschaften.