Die ersten Kreuzfahrtschiffe fahren wieder

Die Meyer Werft in Papenburg war in den vergangenen Jahren Teil der Boom-Branche „Kreuzfahrt“. Die Corona-Pandemie hat zwischenzeitlich dazu geführt, dass weltweite Kreuzfahrtschiffe beschäftigungslos auflagen. Mittlerweile fahren mit einigen Schiffen von TUI Cruises wieder Kreuzfahrtschiffe für den deutschen Massenmarkt. Was bedeutet das für die Meyer Werft?

Die Kreuzfahrt hierzulande in den vergangenen Jahren der am stärksten wachsende Sektor der Tourismusbranche. Die Einschnitte durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Reisebeschränkungen haben den Urlaub auf dem Wasser hart getroffen. Ende Juli ging für die Hamburger Reederei TUI Cruises mit der auf der Werft Meyer Turku gebauten MEIN SCHIFF 2 in Hamburg die erste der sogenannten „Blauen Reisen“ zu Ende – ohne Coronafall an Bord. Das Schiff war das erste größere Kreuzfahrtschiff, das wieder die Leinen löst. Die drei- bis viertägigen Kurzreisen von und nach Hamburg bestehen ausschließlich aus Seetagen. 

Mittlerweile dehnt TUI Cruises die „Blauen Reisen“ bis in den September aus, die MEIN SCHIFF 6 fährt von und nach Kreta im Mittelmeer auf die gleiche Weise wieder.

Der deutschen Branchenführer AIDA Cruises hingegen konnte noch keines seiner Schiffe wieder in Dienst stellen. Die Aufnahme des Kreuzfahrtbetriebes wurde immer wieder verschoben – aktuell soll es im November mit der AIDAmar und der AIDAperla auf den Kanaren wieder losgehen. Ob es angesichts der Tatsache, dass die Kanaren von der Bundesregierung nun zum Corona-Risikogebiet erklärt wurden, dabei bleibt scheint mehr als fraglich. 

Symbolfoto Kreuzfahrt

 Wann verschwinden die dunklen Wolken über der Kreuzfahrt? Foto: Christoph Assies

Bundesregierung rät von Kreuzfahrten ab

TUI Cruises, AIDA und die Luxus-Reederei Hapag-Lloyd Cruises hatten gemeinsam mit der Cruise Lines International Association (CLIA) ein Neustartprogramm „Cruises to nowhere“ ohne Landgänge und mit deutlich reduzierter Passagierkapazität sowie strengen Hygienevorschriften erarbeitet. Im zweiten Schritt sollten wieder Häfen angefahren werden, wenn Reisebeschränkungen das möglich machen. Der dritte Schritt sieht die Rückkehr zum regulären Kreuzfahrtbetrieb vor. Wann das soweit ist, kann derzeit niemand sagen. 

Das Auswärtige Amt rät im Rahmen seiner derzeit bis zum 14. September befristeten Reisewarnung weiter von Kreuzfahrten im Ausland ab. Die USA als weltweit wichtigster Markt für Kreuzfahrten hat sogar die sogenannte „No-Sail-Order“, das Kreuzfahrtverbot in US-amerikanischen Gewässern, bis zum 30. September verlängert. Das ist vor allem eine Folge der dort immer weiter steigenden Infektionszahlen.

Die Meyer Werft mit ihren Werften am Stammsitz in Papenburg, in Rostock-Warnemünde und im finnischen Turku baut ihre Ozeanriesen vor allem für US-Kreuzfahrtkonzerne, wie die Carnival Corporation als weltweiten Branchenführer und die Nummer zwei in der Rangliste, die Royal Caribbean Group. Carnival mit seinen Marken AIDA, Costa und P&O scheint zwar vor einem zumindest in Europa schrittweisen Neustart zu stehen, derartige Kapazitäten wie vor Jahren werden aber weiterhin nicht gebraucht. Eine Folge: Der erste Meyer-Neubau des Jahres, die IONA für P&O ist noch immer nicht vom Auftraggeber abgenommen worden und kostet so den Papenburger Schiffbauern weiterhin „jeden Tag Geld“, wie es Senior-Werftchef Bernard Meyer vor einigen Wochen in einer Videobotschaft bestätigte. 

Einige Schiffe werden abgewrackt – einige Reedereien verzeichnen gute Buchungen für 2021

Erste Kreuzfahrtreedereien mussten mittlerweile kapitulieren. Die spanische Reederei Pullmantur Cruceros, die unter anderem die 1990 von der Meyer Werft gebaute HORIZON betrieben hat, ist insolvent. Die HORIZON wird als Folge dessen abgewrackt. 

Der Urlaub auf dem Wasser wird nach oder mit dem Coronavirus nur langsam wieder in Gang kommen. Wurden einst auf den Werften Jahr für Jahr Neubauten bestellt, dürfte sich dies nun hinziehen. Einige Reedereien verzeichnen für 2021 wieder gute Buchungen.

Die Meyer Werft will ihr Auftragsbuch strecken, was mit der verspäteten Übernahme der SPIRIT OF ADVENTURE und ODYSSEY OF THE SEAS an die Kunden Saga Cruises und Royal Caribbean International auch schon in Teilen gelingt. Wann die für 2021 in Papenburg terminierten Schiffe AIDAcosma und DISNEY WISH in See stechen, ist nocht nicht bekannt.

Für die Folgejahre sind in Papenburg insgesamt sechs weitere Kreuzfahrtschiffe in den Auftragsbüchern. Sollte es dem Werft-Management in Zusammenarbeit mit den Reedereien gelingen, die Ablieferungen zu schieben, könnte die Arbeit an den bestehenden Aufträgen bis ins erste Halbjahr 2025 gestreckt werden.

Zwischenzeitliche Abwrackungen alter Schiffe und eine Entspannung der Pandemie könnten in einigen Jahren auch wieder zu Neubauaufträgen für Kreuzfahrtschiffe führen. Werftchef Bernard Meyer rechnet damit, dass die Reedereien frühestens ab 2022 wieder ein normales Geschäft machen können. Bis dahin muss die Meyer Werft sparen. Die seit Mai laufende Kurzarbeit ist bis zum Jahresende verlängert worden. 

Christoph
mail@christoph-assies.de
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